Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 hat der deutsche Gesetzgeber die EU-Vorgaben betreffend die umsatzsteuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Einlagerungen in Konsignationsläger in der EU in § 6b UStG eingeführt. Seitdem bestehen bei vielen betroffenen Unternehmen Abgrenzungsfragen und Unsicherheiten bei der Umsetzung. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2021 hat nun das BMF den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) hinsichtlich der gesetzlichen Neureglung angepasst und erweitert. Einige der wichtigsten Punkte aus dem BMF-Schreiben stellen wir Ihnen nachfolgend vor:
Durch die Änderung des UStAE stellt das BMF klar, dass die bisherigen Regelungen zu Konsignationslägern (1a.2 Abs. 6 S. 4 ff. UStAE) weiterhin Bestand haben. Diese Regelungen greifen jedoch nur, wenn § 6b UStG keine Anwendung findet, so dass sich ein Vorrang der gesetzlichen Regelung nach § 6b UStG gegenüber der bislang aus der Rechtsprechung hergeleiteten Rechtslage zu Konsignationslägern ergibt.
Zu begrüßen ist die Klarstellung, dass zwar eine Betriebsstätte des liefernden Unternehmers im Bestimmungsland, nicht jedoch eine schlichte umsatzsteuerliche Registrierung die Anwendung des § 6b UStG ausschließt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Registrierungspflicht aus Vorgängen im Zusammenhang mit dem Konsignationslager entstehen kann (z.B. wenn die Entnahme nicht innerhalb von 12 Monaten erfolgt). Im Gegensatz zu den bereits bestehenden Regelungen zum Konsignationslager (1a.2 UStAE) kommt es nach dem aktuellen BMF-Schreiben bei der Anwendung des § 6b UStG nicht darauf an, dass der Erwerber eine Abnahmeverpflichtung eingeht. Es genügt die Berechtigung zur Entnahme der Gegenstände aus dem Konsignationslager.
Der geänderte UStAE enthält nunmehr auch konkrete Aussagen zur Berechnung der 12-Monatsfrist mit einem konkreten Beispiel. Auch wird klargestellt, dass durch das Auswechseln des Erwerbers die Frist nicht verlängert wird. Ebenso führen Umlagerungen nicht zur Verlängerung der 12-Monatsfrist. Sie sind aber – wenn sie innerhalb des gleichen EU-Mitgliedstaat erfolgen – für die Anwendung des § 6b UStG nicht schädlich.
Das BMF geht ausdrücklich auch darauf ein, dass eine Kombination der Vereinfachungsregelung nach § 6b UStG mit einer Steuerbefreiung im Rahmen einer Einfuhr nicht möglich ist. Auch kann der Einlagerungsvorgang bzw. die im Zeitpunkt der Entnahme ausgeführte Lieferung nach den Ausführungen des BMF nicht Teil eines Reihengeschäfts sein.
Aus dem BMF-Schreiben lässt sich zudem entnehmen, dass der liefernde Unternehmer und der spätere Erwerber es gemeinsam in der Hand haben, die Anwendung des § 6b UStG herbeizuführen bzw. zu verhindern (vgl. geänderter 3.12 Abs. 3 S. 5 UStAE). Bemerkenswert ist, dass das BMF ausdrücklich darauf hinweist, dass der liefernde Unternehmer durch Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 6b Abs. 1 und 5 UStG erreichen kann, dass § 6b UStG nicht zur Anwendung kommt. Dies bezieht sich wohl insbesondere auf die Frage, ob § 6b UStG angewendet bzw. ausgeschlossen werden kann, wenn die Unternehmer ihren besonderen Aufzeichnungspflichten (§ 22 Abs. 4f UStG) nicht nachkommen. Erfreulich ist die in diesem Zusammenhang bestehende gegenstandsbezogene Sichtweise, wodurch die grundsätzliche Anwendung des § 6b UStG nicht durch einzelne Sachverhalte ausgeschlossen wird.
Die Erläuterungen des BMF zu den sog. „kleinen Verlusten“ dürften in der Praxis zu einer erleichterten Handhabung von § 6b UStG führen, da nicht jeder Fehlbestand eine Registrierungspflicht des liefernden Unternehmers im Bestimmungsland auslöst. Auch wenn der Begriff „kleine Verluste“ Raum für Diskussionen bietet.
Darüber hinaus wurden Detail-Regelungen getroffen, die Einlagerungen in Konsignationsläger unter Beachtung des umsatzsteuerlichen Status von Großbritannien und Nordirland nach dem Brexit betreffen.
Die im BMF-Schreiben vorgesehene Anwendungsregelung stellt ausschließlich auf den Beginn des Transports ab, nicht auf die Entnahme, so dass für Steuerpflichtige ein sicheres Abgrenzungskriterium für die zeitliche Anwendung des § 6b UStG erhält.