Hintergrund des Schreibens
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 2. August 2022 zur steuerlichen Behandlung von Vergütungen im Zusammenhang mit Softwareentwicklung Stellung genommen. Hintergrund ist die Reform des Urheberrechts (UrhG) zum 7. Juni 2021, wobei insbesondere die Änderungen der urheberrechtlichen Bestimmungen für Computerprogramme im Hinblick auf das Nachvergütungsrecht des Urhebers sowie das Rückrufrecht bei Nichtausübung unmittelbare Auswirkungen auf die quellensteuerliche Behandlung von Rechtüberlassungen haben.
Kernaussage und Abgrenzungskriterien
Gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen Einkünfte aus der internationalen befristeten Nutzungsüberlassung von Rechten (u.a. Software) dem Steuerabzug. Dies gilt auch, wenn bei Vertragsschluss ungewiss ist, ob und wann die Nutzungsüberlassung endet. Davon abzugrenzen ist der Fall eines Rechtekaufs, bei welchem grundsätzlich keine Quellensteuerabzugsverpflichtung besteht. Von einem Rechtekauf ist auszugehen, sofern das Nutzungsrecht beim Nutzungsberechtigten durch den Vertrag endgültig verbleibt oder ein Rückfall kraft Vertrag nicht in Betracht kommt. Die Abgrenzung zwischen Nutzungsüberlassung versus Rechtekauf ist folglich nach dem Vertrag sowie den Verhältnissen bei Vertragsabschluss zu beurteilen, vorausgesetzt die tatsächliche Durchführung entspricht dem vertraglich Vereinbarten.
Vor dem Hintergrund der Änderung der urheberrechtlichen Bestimmungen ist nach Auffassung des BMF erstmals ein endgültiger wirtschaftlicher Übergang eines Urheberrechts und somit eine Klassifizierung als nicht quellensteuerabzugspflichtiger Rechtekauf möglich, auch wenn eine zivilrechtliche Übertragung weiterhin ausgeschlossen bleibt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Urheber für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Fruchtziehung vollständig ausgeschlossen ist. Kumulativ erforderliche Kriterien hierfür sind die vertragliche Einräumung umfassender, exklusiver und zeitlich unbeschränkter sowie unwiderruflicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software. Solange beim Urheber oder anderen ausländischen Personen vertraglich Rechte verbleiben, die sich aus dem Urheberrecht ergeben und über einen wirtschaftlichen Wert verfügen, steht dies einer Qualifikation als wirtschaftlicher Rechtekauf entgegen.
Hervorzuheben ist, dass das BMF in seinem Schreiben ausdrücklich einen Abzug der Quellensteuer zur Vermeidung von Haftungsrisiken fordert, insofern Zweifel bezüglich der Qualifikation als wirtschaftlicher Rechtekauf oder quellensteuerpflichtige zeitlich begrenzte Rechteüberlassung bestehen.
Mehrstufige Vertragsverhältnisse
Im Fall mehrstufiger Vertragsverhältnisse nimmt das BMF insoweit Stellung, dass auf jeder Stufe zu prüfen ist, ob ein wirtschaftlicher Rechtekauf vorliegt. Ist dies auf einer Stufe nicht der Fall, scheidet ein wirtschaftlicher Rechtekauf für alle nachfolgenden Stufen aus.
Zeitliche Anwendung
Das Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden, bei denen der Vertragsabschluss zur Auftragsentwicklung einer Software nach dem 6. Juni 2021 stattfand, sowie auf Sachverhalte, welche nach diesem Datum entstanden sind bzw. entstehen. Auch schließt das BMF alle Zahlungen, deren steuerlicher Zufluss Zeitpunkt nach dem 6. Juni 2021 liegt, in den Anwendungsbereich ein.
Handlungsbedarf
Vor dem Hintergrund der Ausführungen des BMF sollten Unternehmen mögliche steuerliche Auswirkungen prüfen. Dazu gehört zum einen die Bestandsaufnahme und Prüfung von bestehenden und zum anderen die steuerliche Analyse neu abzuschließender Softwareentwicklungsverträge.