Nimmt der Steuerpflichtige sog. haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch, ermäßigt sich seine tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, maximal EUR 4.000, der von ihm geleisteten Aufwendungen (§ 35a Abs. 2 EStG). Begünstigungsfähig sind solche Leistungen, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen oder damit im Zusammenhang stehen. Darunter werden insbesondere Tätigkeiten eines externen Dienstleisters bspw. zur Reinigung der Wohnung oder Gartenpflege verstanden, die gewöhnlich auch durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen.
Im Streitfall vor dem FG Münster setzten die Kläger die in der Hausgeldabrechnung ausgewiesenen Aufwendungen für Müllabfuhr und Abwasserentsorgung als haushaltsnahe Dienstleistungen in ihrer Einkommensteuererklärung an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Kosten ab, weil die Dienstleistungen nicht im räumlich funktionalen Bereich des Haushalts der Kläger, sondern außerhalb ihres Haushalts erbracht worden seien. Das FG Münster sah dies in seinem Urteil vom 24.02.2022 (Az. 6 K 1946/21 E) genauso, ließ aber die Revision zum BFH (Az. VI R 8/22) zu.
Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zu den haushaltsnahen Dienstleistungen soll ausschließlich die Erledigung typisch hauswirtschaftlicher Dienstleistungen durch Dritte gefördert werden. Nicht gefördert werden sollen hingegen sonstige Dienstleistungen, die regelmäßig von Dritten erledigt werden. Dies trifft auf die Entsorgung von Müll und Abwasser durch die Kommune zu, da diese Dienstleistungen typischerweise nicht von Haushaltsangehörigen erledigt werden. Zudem betreffen die von der Kommune erhobenen Gebühren gerade nicht die Eigenleistungen des Steuerpflichtigen auf seinem Grundstück (Sortieren des Mülls, Verbringen des Mülls in die Tonne, Bereitstellen der Tonne am Straßenrand), sondern die originär von der Kommune zu erbringenden Leistungen. Dabei handelt es sich um Aufgaben, die auch aufgrund ihres Umfangs und der dafür erforderlichen Infrastruktur typischerweise von Städten und Gemeinden und nicht von Haushaltsangehörigen übernommen werden.
Die Müllabfuhrgebühr umfasst insbesondere das Einsammeln und Befördern der Abfälle zu den Abfallentsorgungsanlagen. Diese Dienstleistungen wurden im Streitfall allesamt außerhalb des Haushalts bzw. des zugehörigen Grundstücks erbracht, da die Mülltonne zur Entleerung am Gehwegrand vor dem Grundstück bereitzustellen war. Auch wenn mit dem vorgelagerten Bereitstellen der Mülltonne ein allenfalls untergeordneter Bestandteil der Gesamtdienstleistung „Müllentsorgung“ dem Haushalt des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, folgt hieraus keine Qualifizierung als haushaltsnahe Dienstleistung im Ganzen, da der Hauptteil der Dienstleistung außerhalb des räumlich funktionalen Bereichs erbracht wird. Ebenso fällt die Gebühr zur Abwasserentsorgung im Wesentlichen für die Benutzung der öffentlichen Kanalisation an, so dass auch diese Dienstleistung nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern dort sowie in den Kläranlagen bzw. sonstigen Anlagen zur Abwasseraufbereitung erbracht wird.
Im Streitfall bestand zudem die Pflicht, das Grundstück an die kommunalen Abfall- bzw. Abwasserentsorgungseinrichtungen anzuschießen. Es war somit unmöglich, die erbrachten Leistungen selbst auszuführen oder einen Dritten mit dieser Aufgabe zu beauftragen.
Hinweis:
Das FG Münster hat die Revision wegen einer bisher fehlenden höchstrichterlichen Entscheidung zu dieser Thematik und einer möglichen enormen Bedeutung für eine Vielzahl von Haushalten zugelassen. Somit muss der BFH entscheiden, ob Aufwendungen für Müllabfuhr und Abwasserentsorgung als haushaltsnahe Dienstleistungen zu berücksichtigen sind. In Einzelfällen ist abzuwägen, ob vergleichbare Sachverhalte mit Hinweis auf das Revisionsverfahren verfahrensrechtlich offengehalten werden sollen. Letztlich erscheint die Argumentation des FG Münster durchaus nachvollziehbar, sodass dem Revisionsverfahren wohl nur geringe Erfolgschancen zukommen dürften.